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Europas Freizeitparks fehlen die Besucher - Ein Überblick in Zeiten der Coronakrise
Viele Deutsche verbringen ihre Ferien und die Wochenenden dieses Jahr im eigenen Land. Für die deutschen Freizeitparks ist das ein Segen. Unsere Redaktion besuchte in den letzten sechs Wochen 10 Freizeitparks in unserer Republik und sah gut besuchte Freizeitparks. Für viele andere Freizeitparks außerhalb unserer Staatsgrenzen ist das Fernbleiben mitteleuropäischer Touristen aber ein gewaltiges Problem.
Denn vor allem die Betreiber im Süden Europas leben von ausländischen Gästen. „Parks mit regionalem Einzugsgebiet tun sich momentan leichter als jene, die von Touristen abhängen“, sagt Jakob Wahl, Executive Director des Weltverbands der Freizeitparks IAAPA in einem Interview mit dem Handelsblatt. Während des gesamten Frühjahrs waren die Freizeitparks wegen der Corona-Pandemie in Europa geschlossen. Inzwischen fahren die Achterbahnen fast überall in Europa wieder. So richtig zufrieden sind die Unternehmen aber vielerorts nicht. Die Besucherzahlen sind überall begrenzt, damit die Gäste Abstand halten können.
Im Vergleich zu den Wettbewerbern rund ums Mittelmeer, dem europäischen Marktführer Disneyland Paris oder den skandinavischen Freizeitparks können seit der verspäteten Saisoneröffnung deutsche Freizeitparkbetreiber zufrieden sein. Denn die Parks in Italien, Spanien oder Frankreich leben meist von Touristen, die aus ganz Europa im Sommer anrücken. Dieses Jahr bleiben sie größtenteils aus. Zumal derzeit erneut wie in Spanien einige Regionen besonders stark vom Corona-Virus betroffen sind. Gerade erst hat die britische Regierung entschieden, dass Reiserückkehrer aus Spanien in eine 14-tägige Quarantäne müssen. Das macht den Trip in die Sonne unattraktiv und schadet großen Parks wie die PortAventura World südwestlich von Barcelona.
Auch wir mussten geplante „Freizeitparkreisen“ nach Polen, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Spanien und Dänemark auf Grund der Corona Pandemie auf die kommenden Jahre verschieben. Dazu kommt: Die Kosten für die Betreiber sind derzeit außergewöhnlich hoch. „Die Betreiber nehmen viel Geld in die Hand, um den Parkbesuch so sicher wie möglich zu machen“, sagt Verbandsfunktionär Wahl. Zusätzliches Personal ist in den Parks unterwegs, um die Gäste auf die Corona-Regeln aufmerksam zu machen. Die Sanitäranlagen wurden angepasst, die Restaurants sowie die Wartebereiche umgebaut. Masken sind vielerorts in Innenräumen und bei Fahrgeschäften Pflicht, Eintrittskarten lassen sich zumeist nur im Voraus lösen. Die Freizeitindustrie ist ein nicht zu unterschätzender Wirtschaftszweig. Dem IAAPA zufolge verkaufen die Betreiber auf dem Kontinent normalerweise jedes Jahr mehr als 270 Millionen Tickets. Der Verband erfasst dabei mehr als 300 Freizeitparks, über 500 Unterhaltungseinrichtungen für Familien sowie 235 Wasserparks. Sie erzielen einen Umsatz von fast zehn Milliarden Euro pro Jahr und beschäftigen knapp 90.000 Mitarbeiter.
In Deutschland kamen die 71 Betreiber laut IAAPA 2019 auf 48 Millionen Besucher. Sie verbuchten Einnahmen von knapp 1,4 Milliarden Euro und beschäftigten rund 15.000 Mitarbeiter. Dieses Jahr dürften die Zahlen überall deutlich niedriger ausfallen. Dabei scheint ein Besuch in einem Freizeitpark eine vergleichsweise sichere Angelegenheit zu sein. „Es ist kein Fall bekannt, in dem das Virus in einem Park übertragen wurde. Das ist für die ganze Branche wichtig“, so Verbandsmanager Wahl im Interview mit dem Handelsblatt. Dennoch musste bei unseren Besuchen leider zu oft festgestellt werden, dass Besucher und auch Mitarbeiter der Freizeitparks das Hygienekonzept verletzen.
In Schweden sind sämtliche Freizeitparks geschlossen. Ausgerechnet in jenem Land also, in dem es die geringsten Beschränkungen für die Bevölkerung gab. Achterbahnfahren allerdings dürfen Menschen dort nicht. „Das ist ein herber Schlag für die Branche“, klagt Wahl. Die Parks in Schweden verkaufen üblicherweise 17 Millionen Tickets im Jahr und kommen auf einen Umsatz von gut 400 Millionen Euro. Die bereits erwähnte PortAventura World feiert in diesem Jahr sein 25 Jubiläum und muss nicht nur auf Besucher aus Spanien verzichten, sondern auch auf russische und deutsche Gäste. Aus diesem Grund wurden auch mehrere Hotels im Resort für das restliche Jahr geschlossen.
Falls die Parks im übrigen Europa wegen Corona nicht wieder schließen müssen, dürften die meisten Betreiber wohl überleben, so Wahl: „Wir haben die Hoffnung, dass die meisten mit einem blauen Auge davonkommen.“ Einige Unternehmen würden allerdings mit Neuheiten, die sie fürs laufende Jahr geplant hatten, erst 2021 starten. Und es sei natürlich auch nicht auszuschließen, dass Unternehmen das Geld ausgeht. Wahl: „Die Krise ist noch nicht durchgestanden. Es kann schon sein, dass der eine oder andere Park den Besitzer wechselt.“ Ein Blick nach Amerika zeigt, dass das Geschäft in Europa noch vergleichsweise gut läuft. Der Medienriese Comcast musste im zweiten Quartal mit seinen Universal-Parks einen Verlust von 399 Millionen Dollar hinnehmen. Der Umsatz ist zwischen April und Ende Juni um 94 Prozent eingebrochen. Angesichts der riesigen Zahl an Neuinfektionen dürften sich die Konsumenten mit Parkbesuchen in Florida auch künftig zurückhalten. In Kalifornien sind die Parks ohnehin seit Monaten dicht.
Auch viele Freizeitparks im asiatischen Raum mussten bereits zum zweiten oder sogar dritten Mal wie die Universal Studios Singapore den Betrieb in diesem Jahr einstellen. Auch in den Vereinigten Arabischen Emiraten sind noch nicht alle Freizeitparks wieder in den Betrieb eingestiegen und die groß angekündigten Neuankündigungen in Form von Fahrgeschäften oder Hotels wurden auf die kommenden beiden Jahre verschoben.
In Europa hingegen haben die Betreiber sogar einige gute Nachrichten. „Es ist sehr ermutigend, dass die Besucher im Schnitt mehr Geld in den Parks ausgeben“, sagt Funktionär Wahl. Wenn die Fernreise ausfallen muss, bleibt eben mehr für den Heimaturlaub übrig. Davon profitieren sehr viele Freizeitparks, Zoos und Midways in Deutschland.