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Werner Stengel - Das Interview (1/2)

Daniel Speer: Sehr geehrter Herr Dr. Stengel, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben, und sich uns für ein Interview zur Verfügung gestellt haben. Sie haben, genauso wie wir, ihre Wurzeln in Bochum. Was verbindet Sie noch mit Bochum?
Dr. W. Stengel: Bochum, als meine Geburtsstadt, in der ich aufgewachsen bin, wo ich die Schulbank gedrückt habe, wo ich bei Phönix in der Schülermannschaft Fußball gespielt habe, wo ich eine Lehre gemacht habe, die Stadt in der ich mich das erste Mal verliebt habe, wird mir immer in Erinnerung bleiben. Nur wer seine Wurzeln kennt, weiß was die Zukunft bringt. Da meine Mutter mit 97 Jahren, und meine Schwester mit ihrer Familie, in Bochum-Riemke leben, ist das ein Grund immer mal wieder nach Bochum zu kommen. Außerdem gibt es da ja auch noch den VFL.

Nur wer seine Wurzeln kennt, weiß was die Zukunft bringt.

Dr. Werner Stengel
Daniel Speer: Revolutionäre Innovationen, wie die Klothoidenform bei Loopings sowie die Raumkurve und die Herzlinie, sind Ihre verwirklichten Ideen auf deren Grundlage heutzutage fast jeder Achterbahningenieur seine Konzepte entwickelt. Zu welchem Zeitpunkt ist Ihnen bewusst geworden, dass Achterbahnen Ihr weiteres Leben bestimmen?
Dr. W. Stengel:

Jung verheiratet, im zweiten Ingenieurstudium und nicht mit Reichtum gesegnet, musste ich in den Semesterferien in München arbeiten. Der Zufall hat mich in ein Ingenieurbüro gebracht, in dem für die Firma Schwarzkopf ein Autoskooter für die Schausteller Schippers und van der Ville, aus Hamburg, zu berechnen war. In dem kleinen Büro war man mehr auf Beton spezialisiert als auf Stahl, darum wurde Herr Schwarzkopf immer wieder vertröstet. Dr. Werner Stengel vor einem Achterbahn-ModellEr tat mir wegen der Termine leid, und darum habe ich meinen damaligen Chef gebeten mir das Autoskooterprojekt anzuvertrauen. Meine Arbeit fand die Zustimmung von Herrn Schwarzkopf, Herrn van der Ville und dem TÜV. Bald darauf planten Schippers und van der Ville den Bau der ersten Stahlachterbahn Deutschlands und lockten mich mit einer Geldprämie das Engineering für diese Achterbahn zu machen. Die Prämie hat mich überzeugt, und so habe ich neben meinem Studium die interessante Ingenieurarbeit ausgeführt. Bei der Abwicklung des Projektes Super-Acht musste ich feststellen, dass alle Ingenieurdisziplinen beim Bau einer Achterbahn involviert sind. Da ich Bauingenieur war und in diesem Fach gerade zum Dipl. Ing. weiterstudierte, habe ich mir autodidaktisch  Maschinenbau, Elektrotechnik, Fahrzeugbau, usw. angeeignet. Das alles fand ich so interessant, und ich wusste, dass man Roller- Coaster- Engineer  auf der ganzen Welt nicht studieren kann, außerdem habe ich schon damals an die Freizeitbranche geglaubt, so dass mein Entschluss feststand als Berufsaufgabe Fliegende Bauten zu wählen. Im Anfang meiner beruflichen Laufbahn habe ich mehr Karusselle, Riesenräder, usw. als Achterbahnen bearbeitet. Aber heute werden bei uns im Büro von allen Projekten ca. 90% Achterbahnen bearbeitet.

Daniel Speer: Von der Fachwelt sind Sie u. a. in IAAPA’s „Hall of Fame“ aufgenommen und als Ehrendoktor der Universität Göteburg ausgezeichnet worden. Für die Freizeitparkbetreiber sind sie weltweit die erste Adresse, wenn es um die Kreation neuer Fahrgeschäfte geht und unter den Achterbahnfans tragen Sie seit 1994 den inoffiziellen Titel des „Achterbahn-Guru“. Wie würden Sie sich selbst bezeichnen?
Dr. W. Stengel:

Mich selbst würde ich als guten kreativen Ingenieur bezeichnen, der Visionen konsequent verfolgt hat, der an sein Können geglaubt hat, der immer ein gutes Team um sich gescharrt hat, der versucht hat Menschen so zu führen, dass sie das Gefühl hatten ihren Fähigkeiten gerecht eingesetzt und bezahlt zu werden. Als Mensch habe ich versucht zuzuhören, objektiv und tolerant zu sein, was mir sicher nicht immer gelungen ist. Als Familienmensch bin ich mit meiner Ehe, 3 Kindern und 4 Enkelkindern sehr zufrieden und glücklich.

Auch Desert Race wurde in Zusammenarbeit mit dem Ingenieurbüro Stengel entworfen
Daniel Speer: Als fachkompetenter Ingenieur sind Sie in zahlreichen Ausschüssen vertreten, die Sicherheitsauflagen für Fahrgeschäfte verbindlich festlegen. Wie bewerten Sie die Zusammenarbeit mit Personen, die überwiegend aus der Theorie kommen?
Dr. W. Stengel:

Man sollte ja keine Vorurteile haben, aber grau ist alle Theorie, was nicht von mir stammt. In den 60er Jahren saßen wir mit ein paar Ingenieuren und haben die DIN 4112 für Fliegende Bauten relativ schnell verabschiedet.

Zitat

Heute sitzen nach meiner Meinung zu viel Betriebsfremde in den Normenausschüssen, was die Geschwindigkeit und den Inhalt nicht notwendigerweise erhöht. Sicherheit ist zum Schutz der Menschen, der Umwelt und der Werte da, unabhängig von der Nationalität. Aber auf europäischer Ebene, selbst weltweit wird immer wieder versucht eigene Interessen durchzusetzen, und das nicht von Fachleuten.

Daniel Speer: Ihr Schwiegersohn (Herr Wild) ist mittlerweile mit in die Geschäftsführung Ihres weltweit bekannten „Ingenieurbüro Stengel“ in München gewachsen. Er hat u. a. an der Entwicklung der Rocket Coaster "Dragster" und "Kingda Ka" mitgearbeitet. Inwieweit akzeptieren die weltweiten Auftraggeber, dass der „Achterbahn Guru“ auch mal delegiert?
Dr. W. Stengel:

Fachleute wissen und wussten immer, dass die von uns erbrachte Leistung in einem gesamten Team entstanden ist. Ideen, know- how und die Mitarbeiter, das Kapital einer Firma, gehen nicht verloren. Außerdem bin ich noch präsent.

Erfahren Sie in Teil 2 unseres Interviews u.a. welche Ideen Werner Stengel für zukünftige Achterbahnkonzepte hat und welche Visionen ihm vorschweben.

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